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Das Equine-Cushing-Syndrom (ECS) beim Pferd

Immer öfter sehen Pferdebesitzer sich mit der Diagnose „Equines-Cushing-Syndrom (ECS)“ konfrontiert, so dass sie vermehrt gezwungen sind, sich mit dieser Thematik auseinander zu setzen. Vielen Pferdehaltern ist trotzdem nicht klar, womit sie es bei diesem Krankheitsbild tatsächlich zu tun haben. Beim "Equinen-Cushing-Syndrom (ECS)" handelt es sich um eine hormonelle Störung, die den Organismus in einen dauerhaften Stresszustand versetzt. Meist sind Pferde ab dem 12. Lebensjahr betroffen, jedoch zeigen immer häufiger auch jüngere Pferde ähnliche Symptome. Mittlerweile spricht man auch nicht mehr von einem Syndrom, sondern von einer spezifischen Krankheit. Daher wird in letzter Zeit auch häufiger der Begriff „Equine-Cushing-Disease (ECD)“ verwendet. Auch wenn die Ursachen und Mechanismen der Krankheit bis heute nicht vollständig geklärt sind, wird von mehreren Ursachen ausgegangen.



Unterschiedliche Arten von Cushing und deren Auslöser


Die Erkrankung kann in verschiedene Hauptarten untergliedert werden, abhängig von den jeweiligen Auslösern der Hormonstörung: das primäre oder adrenale ECS, das sekundäre oder hypophysäre Cushing und das tertiäre oder iatrogene Cushing. Das adrenale Cushing-Syndrom wird durch direkte Funktionsstörungen der Nebenniere ausgelöst. Das tertiäre Cushing beruht auf einer externen Gabe von Glucocorticoiden (z. B. bei Sommerekzem). Dem wohl bekanntesten und am häufigsten anzutreffenden ECS liegt jedoch die sekundäre Variante zugrunde. Ursache ist hier eine Hypertrophie bzw. eine meist gutartige tumoröse Entartung an der Hirnanhangdrüse (Hypophyse) im Bereich des sogenannten Pars intermedia.


Die Hypophyse spielt eine entscheidende Rolle in der Regulierung des Hormonhaushaltes und ist an der Produktion und Freisetzung vieler Hormone beteiligt, insbesondere an der Ausschüttung von ACTH (Adrenocorticotropines Hormon). ACTH wiederum löst in der Nebennierenrinde die Freisetzung des körpereigenen Kortisons, dem Cortisol, aus. Ein Adenom verursacht nun eine exzessive ACTH Freigabe, die wiederum proportional die Ausschüttung von Cortisol in der Nebennierenrinde ansteigen lässt und in weiterer Folge zu einer unkontrollierten Cortisolproduktion führt. Im weiteren Verlauf kommt es zu einer Hypertrophie, d.h. einem unverhältnismäßigen Wachstum der Nebenniere, die Kontrollmechanismen zur Begrenzung der Hormonausschüttung funktionieren in dieser Phase nicht mehr. Cortisol ist ein Stresshormon und wird im gesunden Organismus vor Allem in Stress- bzw. Gefahrensituationen in den Blutkreislauf freigegeben. Ist der gesunde Organismus einer Stresssituation ausgesetzt sendet der Hypothalamus, welcher über der Hypophyse liegt und eine morphologische und funktionelle Einheit mit dieser bildet, den Botenstoff CRH (Corticotropin-releasing-hormone) aus, welcher die Hypophyse zur ACTH Ausschüttung anregt und so schließlich eine angemessene Cortisolfreigabe ermöglicht. In der Natur muss das Pferd in einer Gefahrensituation möglichst leistungsstark sein, so dass sich folgende Reaktionen ergeben: Anstieg des Blutzuckers zur schnelleren Energiebereitstellung, Mobilisierung und Abbau von Fett, Anstieg des Flüssigkeitsbedarfes und herabsetzen der Schmerzschwelle. Das gesamte Pferd ist somit in Alarmbereitschaft und zur Höchstleistung befähigt. In der Natur dient dieser Mechanismus dem Überleben des Pferdes, bleibt dieser Zustand jedoch längerfristig erhalten kommt es schnell zu einer starken Ermüdungssituation, die sich über den gesamten Körper erstreckt.


Hauptursache für die Entwicklung eines Cushing typischen Symptomkomplexes ist die Überpräsenz von ACTH und Cortisol. Da die Hypophyse eine Vielzahl von Hormonen und Prohormonen produziert und so für die Regulation vieler lebenserhaltender Prozesse verantwortlich ist, kann das ACTH hier jedoch nicht als alleiniger Übeltäter gesehen werden, vielmehr ist auch hier immer das Zusammenspiel des gesamten Hormonstoffwechsel zu beachten. Im Blutbild wird der Schwerpunkt zur Diagnosestellung allerdings auf den ACTH Wert gelegt.


Wie oben bereits angesprochen sind längst nicht alle Hintergründe dieser Erkrankung geklärt, so dass es auf viele offene Fragen bis heute keine eindeutige Antwort gibt und dadurch viel Spielraum für Vermutungen und Spekulationen bleibt. Interessant ist hier beispielsweise die These, dass die Fehlfunktionen der Hypophyse nicht immer automatisch durch einen primären Tumor ausgelöst werden, sondern zum Beispiel auch auf Störungen in vorgeschalteten Systemen beruhen können. So kann auch eine verminderte Dopaminausschüttung eine erhöhte ACTH Freisetzung begünstigen. Die melanotropen Zellen der Pars intermedia stehen unter der hemmenden (inhibitorischen) Kontrolle von Dopamin. Dopaminerge Nervenfasern (Neurone) zwischen Hypothalamus und Hypophyse steuern die Ausschüttung des Dopamins. Werden diese Neurone durch beispielsweise oxidativen Stress geschädigt, resultiert daraus eine verminderte Ausschüttung von Dopamin, die ihrerseits verantwortlich sein kann für eine Geschwulstbildung und folglich eine „ungehemmte“ Freigabe von ACTH verursacht.


Häufig auftretende Symptome von Cushing beim Pferd


Der übliche Symptomkomplex von Cushing resultiert letztendlich aus einer völligen Entgleisung des Stoffwechsels, bei der insbesondere der Insulinstoffwechsel, das Immunsystem und der Entgiftungsstoffwechsel funktionell eingeschränkt sind. Aufgrund des gestörten Insulinstoffwechsels entwickelt der Körper in vielen Fällen eine Insulinresistenz. Das wohl typischste und offensichtlichste Symptom ist ein langes, krauses und farbschattiertes Fell, welches, auch während dem Fellwechsel, nicht oder nur verzögert ausgeht (Hirsutismus). Eine weitere sehr typische Folge ist die Hufrehe, die viele Cushing-Patienten durch den hohen Cortisolspiegel und allgemeine Stoffwechsel- und Durchblutungsstörungen entwickeln. Durchblutungsstörungen äußern sich in Arteriosklerosen, d.h. Verkalkungen der Gefäße, Herz- und Kreislaufproblemen. Weitere Anzeichen können eine erhöhte Anfälligkeit für die Entwicklung von Hufgeschwüren und Abszessen, eine erhöhte Wasseraufnahme (Polydipsie) und Urinabgabe (Polyurie), starkes Schwitzen (Hyperhidrose) und Rosseprobleme sein. Allgemein baut das Pferd im Verlauf der Krankheit stark ab. Viele der betroffenen Pferde erleben zu Beginn eine Fettumverteilung, so dass sich Fettpolster an Mähnenkamm, Kruppe und in der Lendengegend bilden. In späteren Stadien magern sie dann meist extrem ab, verlieren an Muskelmasse und leiden an Osteoporose und Bindegewebsschwäche.



Typische "Cushing-Symptome" bedeuten nicht zwangsläufig, dass das Pferd an Cushing erkrankt ist!


Eine weitere interessante Beobachtung ist das sogenannte Pseudo-Cushing. Charakteristisch hier ist, dass das Pferd eine typische Cushing Symptomatik zeigt, jedoch ohne die Präsenz einer der oben genannten Ursachen. Angesichts der Tatsache, dass Stress ein wichtiger Hauptfaktor im Krankheitsbild des ECS ist, kann davon ausgegangen werden, dass auch chronischer Stress, ob psychisch, physisch oder durch Vorerkrankungen wie zum Beispiel EMS, COPD oder Hufrehe ursächlich für derartige Symptome sein kann.



Ist eine Medikation mit Prascend/Pergolid sinnvoll und ohne Nebenwirkungen?


Die bekannteste Cushing Medikation erfolgt mit Hilfe des Medikamentes Prascend (Pergolid). Es wirkt in einer Stimulation der Dopaminrezeptoren (Hemmung von ACTH) und senkt die Plasmakonzentration von ACTH. Viele der so therapierten Pferde sprechen auf diese Behandlung an und stabilisieren sich (bei einer Dosis von 2 µm pro kg Körpergewicht) innerhalb weniger Wochen. In selteneren Fällen werden auch deutlich höhere Dosen benötigt. Nach einer Stabilisierung des Organismus kann und sollte die Dosis langfristig auf ein Minimum heruntergefahren werden, da das Medikament trotz aller Vorteile auch nicht zu vernachlässigende Nebenwirkungen mit sich bringt. Diese können von Appetitlosigkeit, Koliken und Gewichtsabnahme bis hin zu Störungen des Zentralnervensystems gehen (Ataxie) und in Einzelfällen zu schweren Organschäden führen. Treten starke Nebenwirkungen auf, sollte das Medikament 2-3 Tage ausgesetzt werden, um dann wieder mit der halbierten Dosis zu beginnen. Es kann dann über 2-4 Wochen langsam wieder heraufdosiert werden. Individuell muss die Verabreichung eines so starken Medikaments immer mit einem Tierarzt oder Therapeuten abgesprochen werden!


Behandlung und Fütterung von Cushing-Pferden?


Um ein betroffenes Pferd korrekt therapieren zu können, ist hierbei unbedingt ein Augenmerk auf die möglichen Ursachen zu legen. Leidet ein Pferd unter einem "Pseudo-Cushing" ist es wenig sinnvoll, es mit starken Medikamenten zu behandeln. Hier sollte vielmehr die Ursache für den Stresszustand des Körpers gefunden werden.


"Echtes Cushing" ist zum aktuellen Zeitpunkt nicht heilbar, jedoch kann der Allgemeinzustand des Pferdes durch ein durchdachtes Zusammenspiel aus angepasster Fütterung und einem unterstützenden Bewegungsprogramm enorm verbessert werden. Hochwertiges und nicht zu energiereiches Heu ist als Grundnahrungsmittel für erkrankte Pferde essenziell. Der Grundbedarf sollte hier über nicht zu spät geerntetes Heu (rund 1,5 kg pro 100 kg Körpergewicht) und Stroh (rund 0,2 kg pro 100 kg Körpergewicht) gewährleistet werden. Besonders wichtig ist bei dieser Ernährungsform eine hochwertige Eiweißversorgung, da der Bedarf an Eiweiß bei Cushing Patienten in der Regel deutlich erhöht ist.


Leidet ein Pferd an Übergewicht, d. h. ist es adipös, steht eine schonende Gewichtsreduktion im Vordergrund, die durch den Leitsatz „Alles mit Maß und Ziel“ gekennzeichnet sein sollte. Hierbei sollte auf eine rohfaser- und vitalstoffreiche Ernährung geachtet werden, die immer auch das Zielgewicht des Pferdes im Auge behält. Die Zucker- und Getreidezufuhr sollte bei Cushing Pferden zwar möglichst reduziert werden, in kleinen Mengen ist sie meist dennoch unbedenklich. Auch die Quelle, aus denen die Zucker- und Energiezufuhr stammt ist eher nebensächlich. Die gesamte Energiebilanz muss stimmen und an das Pferd angepasst sein. Es macht hier häufig Sinn, die Weidezeit des erkrankten Pferdes massiv einzuschränken und wenn möglich auf mehrere kurze Intervalle aufzuteilen. In Einzelfällen ist von Weidegras gänzlich abzuraten. Insgesamt sollte auf eine möglichst rohfaser- und strukturreiche, jedoch kohlenhydratarme (besonders Glukose und Fruktose) Ernährung geachtet werden. Insbesondere eine hochwertige Vitalstoffversorgung ist hier unabdingbar.

Ist das Pferd hingegen untergewichtig oder hat es krankheitsbedingt stark an Gewicht verloren, muss ein Ernährungsplan ausgearbeitet werden, der langfristig zu einer Gewichtszunahme führt. Auch in diesem Fall kann ein Bewegungsprogramm sehr hilfreich sein. Ausreichende und regelmäßige Bewegung kann nämlich einer bestehenden Insulinresistenz entgegenwirken, so dass in der Folge oftmals teures Mischfutter unnötig wird. Selbstverständlich sollte auch hier eine einwandfreie Qualität der Grundnahrungsmittel Heu und Stroh sowie eine hochwertige und natürliche Mineralstoff- und Vitaminversorgung sichergestellt sein. Da bei Cushing Patienten der Vitalstoffbedarf meist deutlich erhöht ist, muss hier unbedingt auf die korrekte Menge geachtet werden.


Neben der individuellen Fütterung gilt bei erkrankten Pferden auch jeglichen zusätzlichen Stress zu vermeiden. Der hormonelle Stoffwechsel des Pferdes ist ohnehin schon starken Belastungen ausgesetzt und reagiert entsprechend sensibel auf weitere Stresseinflüsse. In der Praxis heißt dies dem Pferd möglichst geregelte Tagesablauf ohne viele Veränderungen zu bieten und Fütterungs- und Weide- und auch Trainingsroutinen beizubehalten. Auch auf eine gute Haut- und Fellpflege ist bei betroffenen Pferden zu achten, da sie einerseits häufig Schwierigkeiten mit dem Fellwechsel haben und zudem oftmals zur Entwicklung von Hautkrankheiten und Pilzen neigen. Ein Scheren im Sommer und rechtzeitiges Eindecken im Winter kann enorm erleichternd sein. Auch eine regelmäßige professionelle Zahnkontrolle sollte gerade bei Pferden mit Gewichtsproblematiken zweimal jährlich erfolgen. Da an Cushing erkrankte Pferde einen extrem sensiblen Stoffwechsel haben und ein deutlich erhöhtes Risiko für weitere stoffwechselbedingte Erkrankungen haben ist auch eine mögliche Reduzierung der Impfungen empfehlenswert.


Von grundlegender Bedeutung ist außerdem eine regelmäßige und auf die Erkrankung abgestimmte Hufbearbeitung, die den Huf möglichst ausbalanciert und die Strukturen entlastet.



Lesen Sie dazu auch unseren Fachartikel "Fütterung bei Hufrehe".

 

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Medikamentengaben (z. B. Antibiotikum oder Prascend (Pergolid)) können außerdem die Darmgesundheit des Pferdes negativ beeinflussen. Wir empfehlen zur Stabilisierung der Darmflora eine "Darmsanierung" mit Barynesse Herbal "Darmkäuter".




Bitte beachten Sie, dass eine Fütterung von Ergänzungsfuttermitteln die nicht dringend erforderliche und einzuhaltende Diät, speziell bei ECS oder Rehe erkrankten Pferden, ersetzt. Eine Haltungsoptimierung sowie ein speziell abgestimmtes Bewegungstraining sind meist ebenfalls erforderlich.

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