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Pferde entwurmen: Die Qual der Wahl

Richtig entwurmen – aber wie?

Das Thema Entwurmung spaltet die Geister und sorgt nach wie vor für hitzigen Diskussionsstoff. In der Pferdewelt werden sehr unterschiedliche Auffassungen zum Thema Wurmkur vertreten. Auf der einen Seite stehen die Verfechter der konventionellen Intervallentwurmung, auf der anderen die, die vorwiegend auf alternative Methoden setzen, dazwischen die, die die selektive Entwurmung propagieren. Eigentlich ist der korrekte Umgang mit Wurmkuren relativ simpel, dennoch herrscht offenbar immer noch große Verwirrung. Wir wollen daher hier einmal Licht ins Dunkel bringen und uns genauer ansehen, wie wirksam die unterschiedlichen Methoden sind und welcher Weg langfristig am zielführendsten ist.


​​In vielen Ställen ist es immer noch Gang und Gäbe alle drei Monate generalisiert alle Pferde chemisch zu entwurmen.


Doch macht dieses Vorgehen tatsächlich Sinn?


Zunächst sollte ein häufiger Irrtum aus dem Weg geräumt werden. Sogenanntes prophylaktisches Entwurmen ist nicht möglich. Die gängigen Präparate töten vorhandene Würmer und Eier ab, wirken jedoch keinesfalls vorbeugend. Entwurmen macht daher nur bei einem akuten und tatsächlichen Wurmbefall auch wirklich Sinn. Sind keine Würmer vorhanden, ist eine Wurmkur eine komplett überflüssige Belastung für den Organismus, inbesondere für Leber und Nieren, die die Wirkstoffe wieder abbauen und entsorgen müssen. Häufig angewandt schwächen diese „chemischen Keulen“ das Immunsystem, was das Pferd so wiederum anfälliger für jeglichen Parasiten- und Wurmbefall machen kann. Eigentlich ähnelt eine Wurmkur in vielerlei Hinsicht einem Antibiotikum, mit dem Unterschied, dass Zweiteres meist deutlich bewusster eingesetzt wird. Auch Antibiotika werden niemals (von seltenen Ausnahmen abgesehen) prophylaktisch eingesetzt und auch die Resistenzbildung bei zu häufigem oder fehlerhaftem Gebrauch ähnelt der bei Wurmkuren. Das unbedachte Verabreichen von Wurmkuren hat dazu geführt, dass viele Würmer in den vergangenen Jahren Resistenzen gegen eine Vielzahl von Wirkstoffen entwickelt haben, sodass das sichere Abtöten der „gefährlichen Eindringlinge“ nicht mehr immer so einfach gewährleistet ist. Einige Präparate weisen eine etwa 80%ige Resistenz auf, sind also nur noch bei etwa 20% der gängigen Wurmstämme sensibel und wirksam. Zudem gibt es mittlerweile auch das Problem der Multiresistenzen (auch hier wieder vergleichbar mit dem Antibiotikum -> multiresistente Bakterienstämme), d. h. Parasiten, gegen die kein wirksames Präparat mehr auf dem Markt erhältlich ist. Ein solcher Befall lässt sich dann meist kaum mehr auf schulmedizinischem Weg behandeln. Es ist daher allerhöchste Zeit umzudenken und diese Entwicklungen in Zukunft möglichst aufzuhalten.

​​Bevor Sie ihr Pferd entwurmen, setzen Sie sich doch einmal mit dem doch relativ komplizierten Thema der Parasit-Wirt-Beziehung auseinander, sodass Sie dann Ihr Tier bewusst und zielführend entwurmen können. Grundsätzlich sei angemerkt, dass man das Leben unserer heutigen Hauspferde keinesfalls mit dem eines Wildpferdes vergleichen kann. Somit zieht auch das Argument „wilde Pferde bekommen auch keine Wurmkur“ nicht. Die Verwurmung in der heutigen Form/Ausprägung ist daher primär ein Problem unserer zivilisierten Hauspferde. Von Seiten der Wurmkurgegner hört man häufig das Argument: „Die Wildpferde hatten auch keine Wurmkuren und hatten trotzdem ein langes Leben.“ Diese Aussage ist so nicht korrekt. Halten Sie sich vor Augen, dass die Wildpferde als Lauftiere ein gänzlich anderes Leben lebten, als unsere Hauspferde. Sie verweilten nie lange an einer Stelle und zogen ständig weiter, während unsere Pferde meist auf relativ überschaubaren Weideflächen leben und fressen. Hinzu kommt, dass wilde Pferde ihre Weideflächen in sogenannte Funktionsbereiche einteilen, d. h. Fress-, Kot- und Liegeplätze und diese in der Regel strikt voneinander trennen. Die Darmparasiten, deren Eier oder Larven mit dem Kot ausgeschieden werden, bleiben auf der Fläche mit dem Kot zurück. Das Infektionsrisiko sinkt somit beträchtlich. Unsere Pferde hingegen haben diese Möglichkeit der Hygienebetreibung aufgrund der meist relativ kleinen und überweideten Wiesen nicht mehr. Der Versuch wird dennoch an den sogenannten „Geilstellen“ ersichtlich (nicht abgemistete Stellen, an denen die Pferde nicht mehr fressen möchten). Fressen und Äppeln reduziert sich daher nicht nur auf einen langen Zeitraum auf gleichzeitig kleiner Fläche. Die Parasitenkonzentration im Boden und in den Fressbereichen der Pferde steigt daher unweigerlich an. Trotzdem haben selbstverständlich auch die wildlebenden Verwandten unserer Hauspferde immer schon mit Darmparasiten zu tun gehabt. Woran liegt es also, dass ie Vorfahren unserer Tiere im Lauf der Jahre nicht ausgestorben sind. Vielleicht spielt der Umstand, dass ein Wurmbefall nicht immer zwangsläufig schlecht sein muss eine Rolle. Der Parasit hat nämlich eigentlich kein Interesse am Tod seines Wirts, er würde ja gleichzeitig seinen eigenen bedeuten. Bei ansonsten guter Gesundheit des Wirts stellt sich meistens ein Gleichgewicht zwischen Wirt und Parasit ein, mit dem beide durchaus lange leben können. Eine geringgradige Wurmbesiedelung ist daher nicht unbedingt schlimm und die vom Pferdehalter gewünschte komplette Wurmfreiheit erstens kaum umzusetzen und zweitens auch unnötig. Um eine übermäßige Besiedelung zu vermeiden, haben Wildpferde interessante Strategien entwickelt. Zum einen werden junge Wildpferde (im Gegensatz zu unseren Hauspferden) in ihrer Kindheit und Jugend nicht mit Hilfe von Wurmmitteln von Parasiten befreit. Das Immunsystem eines Wildpferdes lernt daher automatisch (im Gegensatz zu dem eines immer schon entwurmten Pferdes) mit verschiedensten Parasiten umzugehen, sie zu bekämpfen und in Schach zu halten. Junge Pferde unter 6 Jahren haben daher häufiger mit Wurminfektionen zu tun, ältere Pferde jedoch profitieren später von einem in jungen Jahren gut angelegten Immunsystem. Weiterhin konnte bei wilden Pferden ein interessantes Fressverhalten beobachtet werden. In Zeiten von Nahrungsknappheit (später Herbst, Winteranfang) fressen die Pferde vermehrt Pflanzen, Kräuter und Bäume mit einem hohen Gerbstoffanteil (Tannine). Bitterstoffe töten zwar keine Würmer ab, schaffen jedoch ein ungemütlicheres Darmmilieu und sorgen dafür, dass Parasiten vermehrt über den Kot abgehen (wurmtreibender Effekt). Hierbei muss jedoch auch erwähnt werden, dass Pferde tanninhaltige Pflanzen nur in kleineren Mengen vertragen. Große Mengen können sie aufgrund fehlender Enzyme nicht abbauen. Nimmt das Pferd zu viele diesen Pflanzen auf, kann das zu Vergiftungserscheinungen bis hin zum Tod führen.


Welche Rückschlüsse können wir nun aus all den Erkenntnissen für unsere Pferde ziehen?

Die oral zu verabreichende Wurmkur hat eine vergleichsweise kurze Geschichte. Ungefähr im Jahre 1965 gelang der oralen Wurmkur der große Durchbruch. Im Vergleich zu ihrem Vorgänger, die per Nasenschlundsonde verabreicht werden musste, brachte diese neue Art der Wurmkur große Vorteile vor allem im Handling mit sich. Pferdehalter konnten nun selbst die Wurkmur verabreichen und auch die Nebenwirkungen reduzierten sich erheblich. Die Intervalldosierung war geboren (alle 8-12 Wochen). Während es zur damaligen Zeit in erster Linie um die Bekämpfung der großen Strongyliden (Strongylus vulgaris, Strongylus equinus) ging, haben wir heute mit deutlich mehr Darmparasiten zu kämpfen. Unsere Pferde sind meist von kleinen Strongyliden, Spulwürmern und Magendasseln befallen. Diese können unbehandelt und bei ausreichender Besiedelung zu massiven Problemen, Koliken und Immunerkrankungen führen. Die intensiven Entwurmungsintervalle mit vermeintlich breit wirkenden Wirkstoffen führten zu einer massiven Resistenzentwicklung gegen viele Wirkstoffe (v. a. Ivermectin, Moxidectin). Trotz immer neuer Wirkstoffe ist dieses Problem kaum in den Griff zu bekommen.


Was also tun, um erfolgreich und nachhaltig zu entwurmen?

Immer mehr Pferdehalter freunden sich mit der Idee der selektiven Entwurmung an. Diese Methode macht auf den ersten Blick auch absolut Sinn, will jedoch gelernt sein. Der Pferdehalter benötigt Kenntnisse über die zur jeweiligen Jahreszeit vorherrschenden Parasiten, ihrer Lebenszyklen, Möglichkeiten zur Diagnosestellung, Inkubationszeit, Lebensdauer im Wirtskörper (Patenz), Infektions- und Reinfektionswege sowie natürlich Mittel zur Behandlung eines möglichen Befalls. Eine Diagnose kann meist relativ zuverlässig mittels einer mikroskopischen Untersuchung des Kots erfolgen. Zudem kann ein Blutbild Aufschluss über eine mögliche Wurminfektion geben (eosinophile Granulozyten, Leberwerte, Hämoglobin). Zusätzlich gibt es einige typische Symptome, die auf eine behandlungsbedürftige Verwurmung hindeuten können. Diese reichen von einer schlechten Futterverwertung, struppigem Fell, Schweifscheuern über wiederkehrende Koliken (oftmals unklarer Ursache), einem aufgezogenen oder aufgeblähten Bauch. Manchmal können Sie sogar ganze Würmer bzw. Wurmteile mit bloßem Auge im Kot Ihres Pferdes erkennen.


Kotprobe – „DIE“ Lösung?

Die Idee des selektiven Entwurmens baut auf dem Gedanken nur tatsächlich vorhandene Würmer zu bekämpfen. Dafür werden regelmäßige Kotproben benötigt. Entscheidend dabei ist jedoch, die Kotprobe auch korrekt zu entnehmen. Dabei kommt es auf den Zeitpunkt und die Probe selbst, die Lager- und Versandzeit an. Die Kotprobe selbst ist jedoch auch nur ein Teil eines erfolgreichen Wurmmanagements. Je nach Art und Entwicklungsstadium können einige Wurminfektionen gar nicht oder nur sehr unzuverlässig über die Kotprobe ermittelt werden. Sie sollten daher auch Kenntnis besitzen über die spezifischen Symptome verschiedener Darmparasiten und auch das Risiko aufgrund des Weide- und Hygienemanagements in Ihrem Stall einschätzen lernen.

Beachten Sie beim Entnehmen der Kotprobe folgende Punkte:

  • Tragen Sie zur Vermeidung einer Eigeninfektion Handschuhe

  • Entnehmen Sie mindestens 5-6 Pferdeäpfel, am besten von mehreren frischen Häufen

  • In seltenen Fällen kann es auch notwendig sein zusätzlich einen Analabstrich zu nehmen (z. B. bei Besiedelung mit Pfriemschwänzen)

  • Die Probe sollte nicht über 10 Grad gelagert werden, da es sonst zu einer Verfälschung des Ergebnisses kommen kann

  • Vermuten Sie Leberegel oder Bandwürmer sollten Sie die Proben an drei bis vier aufeinanderfolgenden Tagen entnehmen


Alternative Wurmprophylaxe

Neben der medikamentösen Entwurmung können Sie sich einige Strategien im Alltag zulegen. Dadurch können Sie wesentlich zur Wurmprophylaxe beitragen und die ein oder andere Wurmkur vermeiden. Das A und O ist die Stall- und Weidehygiene. Im Idealfall sollten nicht nur die Boxen, sondern auch die Koppeln regelmäßig abgeäppelt werden, das Infektionsrisiko kann so drastisch gesenkt werden. Achten Sie auf saubere Futterplätze und einwandfreie Futterlagerplätze (ungezieferfrei, keine Mäuse, keim- und schimmelfrei). Achten Sie darauf, Futter- und Mistplätze klar voneinander zu trennen und insbesondere den Futterplatz absolut sauber zu halten. Neuzugänge sollten wenn möglich frisch getestet und gegebenfalls behandelt werden, bevor sie in neue Herden eingegliedert und auf die Wiesen gestellt werden (2 - 3 Tage nach Gabe der Wurmkur Weidepause). Beim Weidemanagement empfiehlt es sich, die Weiden abzustecken und regelmäßig zu wechseln, um einer Überweidung und einer zu hohen Parasitenbelastung vorzubeugen. Düngen Sie Ihre Weiden nach Möglichkeit nie mit Ihrem eigenen Mist (Ausnahme: ein Jahr Lagerung und Kompostieren des Mists). Die meisten Darmparasiten mögen es dunkel und feucht. Lassen Sie abgemistete Ställe möglichst in der Sonne trocknen, bevor Sie neu einstreuen. Ebenso wichtig ist eine gute Durchlüftung der Stallungen.

Auch alternative Methoden können im Wurmmanagement durchaus hilfreich sein. Verlassen Sie sich aber bitte nicht nur darauf. In der Regel ist es nicht der Fütterung von Wurmkräutern oder Globuli zu verdanken, dass ein verwurmtes Pferd seine Parasiten erfolgreich loswird. Dennoch können alternative Heilmethoden und insbesondere auch bitterstoffhaltige „Wurmkräuter“ den Darm und das Immunsystem stärken und so den Organismus unterstützen länger und besser mit evtl. vorhandenen Parasiten umgehen bzw. Eindringlinge besser abwehren zu können. Pferde mit starkem Immunsystem haben nachgewiesenermaßen eine niedrigere Wiederbesiedelungsquote. Dennoch bieten diese alternativen Methoden für sich allein keinen zuverlässigen Schutz. Das durchdachte Hygiene- und Weidemanagement ist immer noch der Schlüssel, um den Parasitendruck in Stall und Darm langfristig möglichst gering zu halten.


Die Fütterung

Wie so oft ist die Basis ein funktionierender Stoffwechsel und gesunder Darm. Der Darm beheimatet fast 70 % aller Immunzellen und stellt somit das größte Immunorgan des Körpers ar. Die Grundlage für einen gesunden Darm ist der genügend große Anteil an qualitativ hochwertigem Raufutter. Achten Sie auf eine einwandfreie Qualität bei Heu und Stroh und vermeiden Sie unbedingt die Fütterung von Gärfutter (Silage). Zu lange Fresspausen belasten den Darm des Pferdes, der darauf ausgelegt ist, ständig in kurzen Abständen kleine Mengen verdauen zu müssen. Vermeiden Sie außerdem belastendes Futter, wie große Kraftfuttermengen, gesüßte Müslimischungen und künstliche Zusatz- und Geschmacksstoffe. Diese belasten nicht nur unnötig den Darm und bringen die fein ausbalancierte Darmflora aus dem Gleichgewicht. Auch Leber und Niere leiden darunter und können ihren Aufgaben (Ausleitung von Toxinen und zirkulierenden Abfallstoffen, Reinigung des Blutes) gegebenenfalls nur noch unzureichend nachkommen.


Versuchen Sie stattdessen lieber gezielt angepasste Mengen naturbelassener Futtermittel und Kräuter zuzufüttern. Bewährt haben sich bei wurmgeplagten Pferden vor allem diverse Bitterkräuter, aber auch Pflanzen, wie beispielsweise Meerrettich, Thymian, Ingwer und Beifuß die zu einer Stabilisierung des Darmmikrobioms beitragen können.

Beachten Sie all diese Punkte, helfen Sie dadurch nicht nur sich selbst, sondern auch den nächsten Generationen (Stichpunkt Resistenzbildung!). Alte oder immunschwache Pferde, die tatsächlich an einem starken Wurmbefall leiden, sind angewiesen auf die Wirksamkeit der chemischen Wurmpräparate. Je bewusster und nachhaltiger jeder einzelne Medikamente einsetzt, desto besser wirken sie, wenn sie wirklich gebraucht werden. Sowohl beim Individuum, als auch in der breiten Masse.

Wurmkuren richtig verwenden

Manchmal ist eine Wurmkur unumgänglich. Die Wahl des richtigen Wirkstoffes sollte immer individuell auf das Pferd abgestimmt werden. Auch eine Rolle bei der Entscheidung sollten gegebenenfalls sichtbare Symptome und abnorme Blutwerte sein. Um der Bildung von Resistenzen vorzubeugen, sollte weder über- noch unterdosiert werden. Die Abstimmung auf das Gewicht des Pferdes ist daher sehr wichtig.




Achtung: Die Futterration sollte selbstverständlich immer individuell auf die Bedürfnisse Ihres Pferdes angepasst werden. Bei dem Futter-Beispiel handelt es sich lediglich um eine Anregung. Lassen Sie sich hier gerne von einem erfahrenen Barynesse-Futterspezialisten beraten.

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